nachts - 3. Ebene (1)

Ein Kleid für Rapunzel, Installation auf vier Ebenen, Mühlenturm, Geldern, 2009

3. Ebene

nachts

2008, 6 Nachthauben, Nylon, ca. 210 cm

“Die dritte Ebene ist dem Titel gebenden Objekt dieser Installation, nämlich dem Kleid für Rapunzel vorbehalten. Das Kleidungsstück der hiesigen Installation ist ein zartes und höchst empfindliches Objekt aus dünnem Chinapapier. Es ist locker über einer Frisierkommode drapiert, einem Eisengestell, dem im oberen Teil ein dreigeteilter Spiegel aus Weißblech angefügt wurde. Auf dem Papier – ausgebreitet stellt es die Umrisse eines Turmes dar - sind mit Buntstift unterschiedliche Arten von Wehrtürmen aufgebracht, dazu kleine bunte Spielzeugwagen mit Abrissbirnen. Auch vereinzelte, wie Luftballons auf dem Untergrund tanzende Birnen sind zu erkennen sowie hier und da die Gestalt eines Prinzen. Es sind märchenhaft-naive Szenerien, wie von Kinderhand gemalt. Ihr Symbolgehalt ist überdeutlich: Die Türme sollen zerstört werden, die Gefangenschaft in Freiheit umgewandelt. Ein modernes Märchen - Signal für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Auf  Abhängigkeiten und Zwänge spielt auch das Objekt mit dem Titel “nachts” an. Es handelt sich hierbei um sechs miteinander verknüpfte rosafarbene Haarnetze, die aneinander gereiht an der Wand aufgehängt sind. In einem der sechs Haarnetze findet sich ein zusammen gefaltetes Zettelchen, auf dem Jutta Rohwerder einen Text notiert hat. Es ist eine Strophe aus dem Gedicht “Tagelied” von Gottfried Keller: 

Die Ketten all’, von denen ich entbinden / Die Völker möchte, o Geliebte mein! / Als Blumenketten eng dir umzuwinden / Wird einzig nur mein Tun und Trachten sein.

Wofür entscheidet sich Rapunzel? Für Haube oder Kleid?”

Von Türmen und anderen Gefängnissen – zu Jutta Rohwerders Ausstellung “Ein Kleid für Rapunzel” Dr. Ulrike Becks-Malorny, Kunsthistorikerin, Bonn